Von der Unkultur der Intransparenz

Nach dem dritten „harten“ Lockdown steht uns nun der nächste Lockdown „light“ ins Haus. Bei vielen Menschen bewirken die Erleichterungen ein spürbares Aufatmen: Endlich wieder mit den Kindern in den Zoo. Endlich wieder Haare schneiden lassen. Endlich wieder der eigenen Arbeit nachgehen können. Endlich Schluss mit Home Schooling und dem ständigen Rechtfertigungsdruck, warum Kinder trotzdem vermehrt in die Betreuung in der Schule geschickt werden.

Ja, viele Branchen dürfen endlich wieder aufsperren. Viele Berufstätige dürfen endlich ihrer Beschäftigung wieder nachgehen. Aber nicht in allen Bereichen ermöglicht die Bundesregierung entsprechende Öffnungsschritte. Während neben dem Handel und den so genannten körpernahen Dienstleistungen beispielsweise Büchereien, Bibliotheken und Museen ihre Türen wieder öffnen dürfen, bleibt diese Möglichkeit in vielen anderen Kulturbereichen nach wie vor verwehrt.

Die Kunst- und Kulturszene ist kreativ. In einigen Bereichen wurde versucht, soweit als möglich ins Internet auszuweichen. In Bayern stellen Künstler/-innenvereinigungen ihre Werke inzwischen in den örtlichen Impfzentren aus, um damit ein Publikum zu erreichen. Die Frage, die sich stellt, ist aber: Warum ist es auch jetzt noch nötig, solche Konzepte selbst aus dem Boden zu stampfen? Und was ist mit jenen Kulturarbeiter/-innen, die diese Möglichkeiten schlichtweg nicht haben?

Die COVID-19-Pandemie stellt uns in allen Bereichen des Alltags vor den schwierigen Spagat, ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen und gleichzeitig gesundheitliche Sicherheit zu bieten. In vielen Sparten hat man sich nun durchgerungen, mit dem Sicherheitsnetz der regelmäßigen Testung einiges wieder erlebbar zu machen. Mit negativen Tests wird es wieder möglich sein, körpernahe Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Mit negativen Tests wird es in vielen Branchen möglich sein, ohne FFP2-Maske zu arbeiten. Mit negativen Tests wird es für Kinder wieder möglich sein, in der Schule zu lernen und auch ihre sozialen Kontakte wieder neu zu beleben. „In echt“ sozusagen. Um die Seele wieder aufatmen zu lassen.

Was aber ist mit der finanziellen Absicherung, gar nicht zu reden von einer Reduktion der psychischen Belastungen der Kulturarbeiter/-innen? Was ist mit den Kunst- und Kulturbetrieben und -initiativen in Österreich? Diesem Bereich wird die Möglichkeit, mit dem Sicherheitsnetz negativer Tests zu öffnen, zum großen Teil verwehrt. Viele Kultureinrichtungen und Initiativen, groß und klein, zentral und dezentral, haben den Sommer und Herbst darauf verwendet, um Sicherheits- und Präventionskonzepte auszuarbeiten. Veranstalter/-innen waren bereit, mit stark reduzierten Kontingenten zu arbeiten – oftmals auch zu Konditionen, die sich wirtschaftlich nicht rechnen. Einfach, um Kunst und Kultur wieder erlebbar zu machen. Um ihrer Profession und Leidenschaft nachgehen zu können. Diese Konzepte existieren nach wie vor und könnten angepasst werden. Könnten, wären sie in der neuen Verordnung vorgesehen und ein Öffnen damit und mit Testungen möglich.

Wie darüber entschieden wird, in welchen Bereichen es zu Lockerungen kommen kann, warum diese Lockerungen hier stattfinden können und in vergleichbaren Bereichen nicht, ist kaum noch nachvollziehbar. So werden in der Öffentlichkeit Branchen gegeneinander ausgespielt, Branchenangehörige zu Sündenböcken stilisiert und Verschwörungstheorien genährt. Was es jetzt bei Entscheidungen über Öffnungsschritte dringend braucht, sind vor allem grundsätzliche Dinge: Ehrlichkeit, Transparenz und die Einbindung der Betroffenen nicht nur über die verantwortlichen Minister/-innen und Staatssekretär/-innen sondern über unmittelbar Betroffene.

Tests könnten in der aktuellen Situation auch Kunst und Kultur wieder erlebbar machen. Was in Schulen und bei körpernahen Dienstleistern möglich ist, muss auch im Kunst- und Kulturbereich möglich werden.