Eine Kultur des Krawalls

Der Internationale Frauentag am 8. März wird in Linz von einer breiten Allianz getragen und zelebriert. Der Umzug durch die Stadt endet in einer großen gemeinsamen Feier. WILTRUD HACKL im Interview mit BRIGITTE VASICEK und OONA VALARIE SERBEST über Feminismus, Krawall und Störung.

Wann entstand Feminismus und Krawall und aus welchen Beweggründen heraus?

2012 auf die Initiative von Valarie hin. Unser Anliegen war, sichtbar und spürbar zu werden gemeinsam mit unterschiedlichsten Vereinen, Gruppen und Einzelkämpfer*innen und nicht versteckt in Kinos und Veranstaltungsräumen Frauenprogramm abzuwickeln. Unsere Forderungen sollten sichtbar und hörbar in die Stadt getragen werden.

Wer sind die Frauen, die sich da am 8. März treffen und durch die Stadt marschieren?

Anhand der Teilnehmer*innen von Jahr zu Jahr können wir feststellen, dass Feminismus und Krawall immer grösser wird. Die Demo hat in jedem Jahr ein anderes Thema, dadurch sprechen wir unterschiedliche Frauen* und Gruppierungen an. Letztes Jahr schuf die Künstlerin Starsky ein eigenes Lichtkonzept für den Einzug am Hauptplatz, Christoph Frey eine eigene Demokomposition für den gesamten Zug, das waren echte Herausforderungen. Aber dadurch werden immer wieder neue Leute eingebunden, die sich mit dem Thema auseinandersetzen und Mitstreiter*innen mitnehmen. Biker*innen zum Beispiel oder eine queere Gstanzl-Truppe, die wunderbare Breakdancegruppe B-Girl Circle uvm.

Der Begriff Krawall ist recht eindeutig definiert und konnotiert – es geht um Stören, Auflehnung, Aufruhr – wie wird das umgesetzt und in der Öffentlichkeit aufgenommen?

Krawall zeigt auf und fordert Umbruch – einer bestehenden Ordnung oder von Machtverhältnissen. Krawall ist aber auch eine Form von Warnung und somit eine Störung. Bei uns wird dieser Begriff in erster Linie musikalisch und visuell umgesetzt. Einerseits gibt es Musikinterventionen oder laute Knallgeräusche, wenn wir Bilder in die Luft schießen, auf denen „my pussy my choice“ steht. Wir bringen Trauergesänge vor dem Landhaus dar, um auf Kürzungen im Kultur- und Sozialbereich aufmerksam zu machen oder ziehen mit Trommelwirbel auf dem Hauptplatz ein. Krawall funktioniert allerdings nur, wenn es auch Ruhe gibt, und so wird die Demo akustisch dramaturgisch angelegt. Krawall wird auch visuell gedacht, z.B. mit schrillen, queeren Demoschildern, die im Vorfeld für das jeweilige Thema angefertigt werden. Auch Platz einnehmen gehört zur Visualisierung von Krawall. Unser Transparent wurde etwa für die Gesamtbreite der Schmiedtorgasse angefertigt. Auch das Radioballett breitet sich im öffentlichen Raum aus.

Braucht Feminismus Krawall? Braucht Krawall Feminismus?

Feminismus braucht AUCH Krawall und eine Kultur des Krawalls, z.B. #metoo, Flowerrain, Rechtshilfefonds gegen Hass im Netz usw. Weil es immer noch normal ist, dass Frauen diskriminiert und in keiner Form gleichberechtigt behandelt werden. In diesem Sinn ist das Thema Störung zu sehen, das auch wir heuer in den Mittelpunkt rücken – der Begriff hat das Potential zu innovativer Strukturbildung, Entwicklung, Umbruch etc. Mehr können wir noch nicht verraten, schließlich braucht Störung ja auch das Überraschungsmoment.

BRIGITTE VASICEK ist u.a. Künstlerin, Kulturarbeiterin und Universitätsprofessorin für “Zeitbasierte Medien” am Institut für Medien der Kunstuniversität Linz. Für ihre wissenschaftliche Tätigkeit wurde sie zuletzt 2018 mit dem Käthe-Leichter-Preis ausgezeichnet.

OONA VALARIE SERBEST ist Künstlerin, Kulturtäterin und Geschäftsführerin von FIFTITU% – Vernetzungsstelle für Frauen* in Kunst und Kultur. FIFTITU% wurde zuletzt 2018 mit dem Staatspreis – outstanding artist award für Kulturinitiativen – ausgezeichnet.

Infos zur Demo am 8.3. auf: http://www.feminismus-krawall.at/

Infos zur Abendveranstaltung von Feminismus und Krawall & gfk:

mit ESTER POLY | DJ TONICA HUNTER | DJ CHRYSTALLMESS | LUZIA OPPERMANN

FR 8.3. / Einlass ab 19.00 / Programm ab 20.30 / Central / frw. Spenden für Frauenvereine