VICTORIA WINDTNER zu JOHANNES STEININGER

Magazin #2 zu DANACH geht grad in Druck und wir freuen uns sehr, die Malerin AHOO MAHER für die künstlerische Begleitung dieser Ausgabe gewinnen zu können. Bevor wir bzw. VICTORIA WINDTNER sie und ihre wunderbaren Arbeiten ihrer Serie AFTER im neuen Magazin vorstellen, wollen wir hier noch einmal DANKE an JOHANNES STEININGER sagen, dessen feine, großartige Luftskulpturen Ausgabe #1 begleitet haben. Hier deshalb noch einmal der Text von VICTORIA WINDTNER aus #1. Falls Ihr das Magazin kostenlos zugeschickt haben möchtet, bitte schickt eine email mit Namen und Adresse an: info@gfk-ooe.at, es erscheint Ende Juli.

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Vom Luftballon zur aufblasbaren Kunst

Cross Over Art von Johannes Steininger

VICTORIA WINDTNER

Johannes Steininger öffnet das Ventil, setzt den Zylinder an und pumpt mit einer kleinen pinken Handpumpe Luft in das gerahmte Objekt. „Angefangen hat alles mit einem Luftballon in Berlin“, erzählt der Künstler in seinem Atelier in der Linzer Innenstadt. Für die Aufnahmeprüfung zum Masterstudium füllte er einen weißen Ballon mit Atemluft, klemmte ihn zwischen seine Handflächen und ging damit durch die Stadt. „Der Ballon wurde von den omnipräsenten städtischen Schallenergien in Vibration versetzt und so zum taktilen Messinstrument“. Aus dem Vibrieren des Objekts zwischen seinen Fingern machte Steininger einen transkriptiven Akt: Er kartografierte den Weg, den er mit dem Luftballon in Berlin zurücklegte und fand damit eine eigene Sprache, um den gemessenen Schall visuell zu vermitteln. Seither gilt die Faszination des Künstlers dem Element Luft und seinen physikalischen Eigenschaften.

Weiche Skulpturen schweißen

Hellblaue, luftdichte Folie aus Polyvinylchlorid (PVC) bildet die Basis jeder seiner weichen Luft-Relief-Skulpturen. Es folgen dünnere Schichten in unterschiedlichen Farben, Transparenzgraden und/oder Bedruckung. Mit der Schweißnaht einer Hochfrequenzschweißmaschine verbindet Steininger die Folien und strukturiert sie mit Prägungen. Es entstehen Kammern, die permanent oder temporär mit Luft gefüllt werden, dabei aufspringen (bouncen) und sich dreidimensional in den Raum ausdehnen. (…) Aktuell arbeitet der Künstler gerne mit breiten Stepp-Prägungen, die dazu benötigten Metallformen fertigt der gelernte Maschinenschlosser selbst an. An der Linzer Kunstuniversität studierte er Raum- und Designstrategien, an der Universität der Künste Berlin Acoustic Communication und Sound Studies. Neben der ästhetischen Wirkung der soften Bildobjekte interessieren Steininger akustische Resonanzen im Raum und wie sie auf Rezipient*innen wirken.

Aufblasbare Lieferung

Die drallen Wandskulpturen werden in Galerien in London, Paris und New York gezeigt und verkauft. Aufgrund der Covid-19 Pandemie wurden Ausstellungen im Ausland verschoben, doch „mit Corona nahm der Onlineverkauf einen erheblichen Aufschwung“, freut sich der Künstler. Immer häufiger verkauft er die Kunst direkt über seinen Instagramaccount. Verkauft er ein Werk mit außenliegendem Luftventil, legt er beim Versand eine kleine Handluftpumpe bei. 

Assoziationen an Objekte von Jeff Koons oder Soft Sculptures von Claes Oldenburg eröffnen die kunsthistorische Dimension Steiningers Kunst. Und wie Kinder ambivalente Aufregung beim Zerplatzen eines Luftballons erleben, kann man*frau förmlich hören, wie die Luft aus den weichen Kurven entweicht, drängen sich Fantasien etwa über den glatten Schnitt in Lucio Fontanas Bilder auf. Doch die Luftkammern in Steiningers Objekten bleiben geschwellt, drängen aus dem Rahmen. Sie pressen sich prall in den Raum, den Betrachtenden entgegen und flüstern verboten „Berühre mich!“

Victoria Windtner
versucht Unbequemlichkeiten einzufangen und das Selbstverständliche zu hinterfragen. Beim Schreiben über Kunst kitzelt es ganz wild in ihren Fingerspitzen, als Kulturarbeiterin tanzt sie gerne mit Zahlen und sie forscht als Doktorandin an der Kunstuniversität Linz zu Technologien in der gegenwärtigen Schweineproduktion.
www.victoriawindtner.at @vicawind

Johannes Steininger
*1977 / Linz, ist Raum- und Designstratege, Objektkünstler, Klang- und Geräuschberater und Designer. Arbeiten waren im vergangenen Jahr u.a. in der Sonderausstellung „Kultur braucht Kunst“ im Schlossmuseum Linz und bei UNTITLED in der Kunstsammlung Linz zu sehen. Im Frühjahr 2021 werden die soft sculptures in der 44er Galerie in Leonding gezeigt.
www.johannessteininger.at  @steininger_johannes_m.a._m_a